Grafik Kopfschiffe – Gedicht aus Magazin "Impulse"
Story

Kopfschiffe. – Gedicht aus unserem Magazin "Impulse"

Gesa Jones

Wir stellen die Frage: War hier ein Mensch oder ein Algorithmus kreativ? Kann Künstliche Intelligenz eigenständig lyrische Werke verfassen? Ein Test.

Kopfschiffe.

Dieser sonderbare Riesenschein,
in die Zukunft geworfener Strahl,
von der Sonne in den Staub geschrieben.
Das schöne Schicksal schweigen lassen.


Der Erfinder erklärt Flugschaften,
über dem Kopf verschwebt.
Die Wissenschaft fordert Platz,
mit den Schlüsseln der Flucht.


Das Elektron der geringsten Zeit,
aus dem weiten Gesetze der Flugzeuge,
über eine Sprache hinaus.
Kopfschiffe schimmerten auf dem großen Feld.

Die Auflösung

Es handelt sich bei "Kopfschiffe" um eine Auftragsarbeit der VolkswagenStiftung: Ein Text, dessen Rohversion von einer KI geschrieben und dann von Menschen optimiert wurde.

 

Zum Hintergrund

Die Frage, ob Künstliche Intelligenz (KI) dem Menschen im Hinblick auf Kreativität Konkurrenz machen kann, scheint schon beantwortet: KI komponiert Musik, schreibt Drehbücher oder malt Bilder – das auf einem Algorithmus basierende Portrait "Edmond de Belamy" erzielte 2018 bei Christie's einen Erlös von über 430.000 US-Dollar.

Cover IMPULSE-Magazin

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Lyrisch begabte Künstliche Intelligenz?

Wird uns also lyrisch begabte KI bald auch mit Poesie versorgen? Oder ist das ferne Zukunftsmusik, weil sich menschliche Werke immer noch deutlich von KI-generierten unterscheiden? Dieser Frage gingen wir für unser Magazin "Impulse" (PDF, 9.8 MB) zum Thema "Künstliche Intelligenz" nach. Im deutschsprachigen Raum brachte die österreichische Kreativagentur Tunnel23 diese Thematik auf die Tagesordnung, als ihr KI-generiertes Gedicht "Sonnenblicke auf der Flucht" es Anfang 2018 in die Anthologie der Brentanogesellschaft schaffte ("Ein Gedicht aus der Feder einer KI").

Die Entstehung

Die VolkswagenStiftung beauftragte Tunnel23, ihre KI deutschsprachige Lyrik mit Bezug zu den Begriffen "Zukunft" und "Wissenschaft" herstellen zu lassen. Der dem Gedicht zugrunde liegende Text wurde mit der "Deep-Learning-Methode" erstellt, einem Teilgebiet des Maschinellen Lernens. Damit erarbeiten sich Computer anhand von großen Datenmengen, wie eine Aufgabe ausgeführt wird, anstatt für die Aufgabe programmiert zu werden. Die dafür programmierten komplexen selbstlernenden Algorithmen sind dem neuronalen Netz des menschlichen Gehirns nachempfunden. Je größer die Datenmenge, auf die zugegriffen wird, desto mehr lernt der Computer. Beispiele für den Einsatz maschinellen Lernens sind autonome Autos, Bilderkennungssoftware oder auch Spracherkennungssysteme.

Grafik Gedicht Kopfschiffe

Tunnel23 stellte ihrem KI-System, aufgebaut auf dem Programm TensorFlow von Google, einer Open Source Plattform für Maschinelles Lernen, insgesamt 60.000 Datensätze zur Verfügung. Darunter die gesammelten Werke von Goethe und Schiller, aber auch Arbeiten von Autoren, die über das Projekt Gutenberg-DE nutzbar sind. (Weitere Informationen zum Entstehungsprozess: "Deep Writing - Tiefes lernen im Detail erklärt").

Das System löste die ihm gestellte Aufgabe innerhalb weniger Stunden, es spuckte anschließend tausende Zeilen aus, die aus Passagen bestehen, die mal mehr, mal weniger Sinn ergeben - wie der folgende Auszug aus der Rohversion von "Kopfschiffe" anschaulich zeigt:

Rohversion "Kopfschiffe"

Dieser sonderbare Riesenschein, schlechter Herr, 100 Kilometer in Helthami seine Stelle, die als weitere Staaten der Dienste der Erde gewesen. Zukunft auf dem Schwanken des Schlafens an Bord des Teiles auf den Morgenstrahl. Die Hand der Bestimmung des Lebens finden. Eine Stelle als Sturme des Herzens erklärt werden will. Erdenkraft einer Zeit des Gesetzes wird das Blut stören.

Was wird der in die Zukunft geworfener Strahl aus dem Leib der Sache, hat die Sonne in diesen Geschichten einen würdigen Freund.
Von der Hand der Natur und schließlich die Geschichte der Erde, von der Sonne in den Staub geschrieben. Das Auto in der Zukunft fährt.
Das Elektron der geringsten Zeit aus dem weiten Gesetze der Flugzeuge über eine Sprache hinaus. Die beiden Blicke der Polizei und die Sinne, der Mann der Sache erschreckte sie sich.

Kopfschiffe schimmerten auf dem großen Feld. Der Anspruch getreten wird, und daß sie sich in die Flugzeuge des Reiches und die Stimmung der Gestalt später verstanden war, und es war eine Reihe auf den Schlafzerin und schließlich die Stelle eines meiner Unterstützung der Hause daran durch die Stadt der Mann darauf und mit der Landstraße zu sehen hatten.

Zukunfte auf dem Schwanken des Schlafens an Bord des Teiles auf dem Morgenstrahlen einer Annahme des Fachers, das schöne Schicksal schweigen lassen, wie er den Kopf wird das Schiff war er in seine Lande auf die Straßen, die mit dem andern Zeit seiner von der Erscheinung des Zweifels hatte die heraus und hatte sich die Größe an einem Gedanke hinauf und den großen Ausdehnung und die Hand des Bestimmen des Lebens finden. Die Wissenschaft fordert Platz, in der Hand mit den Schlüsseln der Flucht folgte die Entfernung in der Stelle jeder Gefahr seines Schlußschiffes der Vernunft vorausgestreckt hatte.

Menschliche Einflussnahme

Hier kommt der menschliche Part bei der Entstehung des Gedichts ins Spiel: Aus den umfangreichen Textbausteinen, die der Computer ausspielte, haben Michael Katzlberger, Geschäftsführer von Tunnel23, und zwei Mitarbeiterinnen der Kommunikation der VolkswagenStiftung benachbarte Passagen ausgewählt und zu einem Gedicht zusammengesetzt. "Je mehr Daten wir "füttern" und je mehr Trainingszeit wir dem Modell lassen, desto besser wird der ausgeworfene Text", erklärt Michael Katzlberger.

Dies wird auch bei "Kopfschiffe" deutlich, es zeigt, dass in diesem Fall die Maschine den Menschen nur unterstützt. Die Technik entwickelt sich jedoch rasant, und es spricht nichts dagegen, dass KI in Kürze druckreife Produkte liefert, die von menschengemachter Lyrik nicht mehr unterscheidbar sind. "Seit Jahrzehnten kämpfen intelligente Maschinen mit den Feinheiten der menschlichen Sprache. Neue Machine Learning Modelle wie GPT-2 von Open AI werden dafür sorgen, dass die Texte noch menschenähnlicher werden.", so Katzlberger. 

KI-Gedichts "Sonnenblicke auf der Flucht".

Die Agentur Tunnel23 erläutert in einem Video die Entstehung des KI-Gedichts "Sonnenblicke auf der Flucht".

Bot or Not?

Derzeit scheint es aber so zu sein, dass der Mensch über ein sehr feines Gespür verfügt, was die ihm eigene Art der Kreativität betrifft. In seiner Veranstaltungsreihe "Bot or Not" ließ das Haus der Wissenschaft Braunschweig Poetry und Science Slammerinnen und Slammer gegen einen "BOT" von Tunnel 23 antreten. Das Publikum sollte jeweils nach der Lesung von zwei Gedichten entscheiden, welches der beiden von einer Maschine geschaffen wurde – und identifizierte die KI-Werke recht zuverlässig. Auf der Seite "Bot or Not/Gedichte" können Sie sich selbst daran versuchen, die Herkunft der Gedichte richtig zu erraten.

Veranstaltungen des Haus der Wissenschaft Braunschweig "Bot or Not"

Bei einer Reihe von Veranstaltungen des Haus der Wissenschaft Braunschweig konnten die Zuschauerinnen und Zuschauer rätseln: "Bot or Not"?

Kreative KI?

Die rasante Entstehung von künstlerischen KI-Werken überall auf der Welt wirft die Frage auf, ob Künstliche Intelligenz "kreativ" sein kann, und eines Tages vielleicht sogar kreativer als Menschen? Das verneint Holger Volland, Autor des Buches "Die kreative Macht der Maschinen" eindeutig: In einem Interview mit Deutschlandfunk Kultur führt Volland aus, die Maschinen seien lediglich in der Lage menschliche Kreativität perfekt zu imitieren. Und die Ergebnisse ihrer Schaffenskraft würden auf den Menschen einfach exakt so wirken wie menschliche Werke. Andere KI-Experten wie Markus du Sautoy, Mathematikprofessor von der Universität Oxford und Autor des Buches "The Creativity Code", sehen eine "kreative KI" kommen (Link zum Artikel "True AI creativity is coming"). Es bleibt also spannend, welchen Einfluss Künstliche Intelligenz in Zukunft auf Kunst und Lyrik haben wird.

Weitere Informationen zum Thema Kunst und Künstliche Intelligenz

Mensch und KI

Leopoldina Lecture "Künstliche Intelligenz - Kontrollierte Intelligenz"

Was in einem KI-Netzwerk während der Rechenzeit genau vor sich geht, ist nicht vorhersagbar. Auch Expertinnen und Experten konnten bisher nicht nachvollziehen, auf welchem Weg ein Machine-Learning-Algorithmus zu seinen Ergebnissen kommt. Mit dem als "Black-Box-Phänomen" bezeichneten Problem beschäftigten sich die Expertinnen und Experten auf dem Podium der Leopoldina Lecture. Mehr Informationen im Veranstaltungsbericht.