Wissenschaftsforschung: Folgen des "Predatory Publishing"
Reformierte Bewertungssysteme und vielfältigere Beurteilungskriterien machen nicht-exzellente Forschung sichtbarer und schüren Sorgen vor den Auswirkungen von "Predatory Publishing" auf das Wissenschaftssystem. Ein neues Projekt will diesen Zusammenhang nun empirisch untersuchen.
Denn bisher sind diese Befürchtungen nicht hinreichend empirisch untermauert, da die komplexen geopolitischen Beziehungen, die Motivationen der Forschenden und die Zentrum-Peripherie-Struktur des wissenschaftlichen Publikationssystems in der Debatte zu wenig Beachtung finden. Ziel des Projektes "Predatory publishing practices: Paper tigers or actual threats from evaluation systems?" ist es, die Beziehung zwischen Evaluationssystemen und fragwürdigen Publikationspraktiken zu klären, wobei der Einfluss des kulturellen Kontexts auf die Implementierung und problematisierende Bezeichnung solcher Praktiken berücksichtigt wird. Dabei unterstützt die Stiftung das Projektteam um Sprecherin Dr. Dimity Stephen vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung Berlin in den kommenden vier Jahren mit rund 1,5 Mio. Euro im Rahmen der Initiative "Forschung über Wissenschaft".
Mit Hilfe eines Multimethodenansatzes sollen im Rahmen des Projekts folgende Fragen beantwortet werden: Wie haben sich Publikationspraktiken in verschiedenen nationalen Kontexten entwickelt? Wie definieren akademische Gemeinschaften fragwürdige Publikationspraktiken und wie reagieren sie darauf? Und wie beeinflussen Evaluationssysteme Publikationspraktiken? Der gewählte Ansatz kombiniert eine systematische Literaturanalyse mit quantitativen und bibliometrischen Methoden, um (sich ändernde) Publikationspraktiken in Verbindung mit Evaluationssystemen zu identifizieren. Gleichzeitig werden qualitativen Methoden angewandt, um die motivierenden Faktoren hinter diesen Praktiken in sechs verschiedenen nationalen Systemen aufzudecken. Im Rahmen der Fallstudien werden Entwicklungen in Deutschland, Polen, Portugal, Nigeria, Indien und Brasilien betrachtet. Der internationale Vergleich sowie der Methodenmix ermöglichen robustere kausale Rückschlüsse, die u.a. für die zukünftige Gestaltung von Evaluationssystemen von Bedeutung sind.