Ökostrom am Südpol: solarer Wasserstoff als Alternative zu Erdöl?

Können Forschungsstationen in der Antarktis aus Sonnenenergie "solaren Wasserstoff" produzieren und als nachhaltigen Energiespeicher nutzen? Die Machbarkeitsstudie von Matthias May (Helmholtz-Zentrum Berlin) und Kira Rehfeld (Uni Heidelberg) wird im Rahmen der "Experiment!"-Initiative gefördert. 

Neben Pinguinen leben vor allem Forscherinnen und Forscher in der Antarktis: Sie sammeln Neutrinos, analysieren Gletscher und Eisbohrkerne oder untersuchen, wie Organismen die lebensfeindlichen Bedingungen überstehen.

Aufwändig und riskant: Energieversorgung mit Erdöl

Die Forschungsstationen werden ganzjährig betrieben und benötigen Wärme und Strom, die zu einem großen Teil mit Erdöl erzeugt werden. Wie aufwendig der Transport von Erdöl in diese Region der Erde jedoch ist, merkte die Umweltphysikerin Dr. Kira Rehfeld, Universität Heidelberg, als sie selbst an einer Antarktis-Expedition teilnahm. Selbst kleinste Leckagen sind für das empfindliche Ökosystem ein enormes Problem, daher müssen beim Transport strenge Auflagen beachtet werden. 

Wasserstoff als Speicher für Sonnenenergie

Gleichzeitig scheint während der Sommermonate die Sonne in der Antarktis rund um die Uhr und sehr intensiv. Wäre es nicht möglich, diese Sonnenenergie in eine Energieform umzuwandeln, die sich gut speichern lässt? Diese Idee spielte Kira Rehfeld nach ihrer Heimkehr zusammen mit Dr. Matthias May vom Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) durch. May forscht an komplexen Materialsystemen, die mit Sonnenlicht Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufspalten. Wasserstoff speichert die Energie des Lichts als chemische Energie. Bei Bedarf kann diese chemische Energie wiederum in elektrische Energie (Strom) oder Wärme umgewandelt werden, wobei nur Wasser entsteht und keine schädlichen Emissionen. Und ein zentraler Punkt: Wasserstoff-Gas lässt sich sehr gut in Druckflaschen speichern, sodass Wasserstoff auch für die Winterzeit zur Verfügung steht.

Herausforderung Antarktis

Rehfeld und May wollen nun in einer Machbarkeitsstudie prüfen, inwieweit die Technologie auch unter den extremen Bedingungen der Antarktis funktioniert. Dabei müssen sie Lösungsansätze für eine Reihe von Problemen entwickeln: Denn für die solare Wasserspaltung müssen photovoltaische Schichten mit den elektrochemischen Reaktionen kombiniert werden. Während die Photovoltaik recht gut bei Temperaturen unter Null Grad funktioniert, laufen chemische Reaktionen nur sehr langsam ab, wenn es kalt ist. Außerdem müssen Module für die Erzeugung von Wasserstoff mit Sonnenlicht weitgehend wartungsfrei und autonom laufen.

Besonders preisgünstig müssen die ersten Lösungsansätze dagegen nicht unbedingt sein. "Der Siegeszug der Photovoltaik hat auch mit Solarzellen begonnen, die zunächst sehr teuer waren und nur in Satelliten eingesetzt werden konnten", argumentiert May. "Auch die Versorgung der antarktischen Stationen mit Erdöl ist extrem aufwendig und zudem mit hohen Risiken für die Umwelt verbunden. Es ist auf jeden Fall lohnend, über Alternativen nachzudenken", betont Kira Rehfeld. 

Die VolkswagenStiftung fördert das Projekt im Rahmen der Förderinitiative "Experiment!" mit 120.000 Euro. 

Hintergrund: Die Förderinitiative "Experiment!"

"Experiment!" richtet sich an Forscherinnen und Forscher aus den Natur-, Ingenieur-, und Lebenswissenschaften, die eine radikal neue und riskante Forschungsidee austesten möchten. Die Förderung beträgt maximal 120.000 Euro und ist auf maximal 18 Monate begrenzt. Als Antrag genügt eine kurze Skizze, die geförderten Projekte werden über ein teil-randomisiertes Verfahren ausgewählt. Alle Informationen zur Förderinitiative finden Sie unter "Experiment!".

Die Idee: Im Sommer wird Schmelzwasser in einem Modul aus Solarzellen und Katalysatoren in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff gespalten. Das H2 wird gespeichert. (Grafik: Heike Cords/HZB)