In ihrem Buch zeichnet Veronika Settele nach, wie sich die industrialisierte Massentierhaltung in Deutschland entwickelte. Dabei zeigt sie, warum mit steigender Produktivität die Berührungspunkte zwischen landwirtschaftlicher Tierhaltung und der wachsenden nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerungsmehrheit abnahmen. Parallel entwickelten sich durch aufkommende Kritik an Haltungsformen wie der Geflügelkäfighaltung jedoch neue Diskussionen. Setteles Rekonstruktion von Strukturen und Akteuren zeigt zudem Möglichkeiten, in der aktuell geführten Debatte um landwirtschaftliche Tierhaltung zu einem neuen gesellschaftlichen Konsens zu kommen.
Die "Revolution im Stall" – so das Ergebnis der Studie – findet in der körperlichen, wirtschaftlichen und technischen Transformation der Tierwirtschaft in beiden Teilen Deutschlands in den 1940er bis 1990er Jahren ihren Ausdruck. Veronika Settele schildert diese vielfältigen Transformationen anhand der drei wichtigsten Sparten landwirtschaftlicher Tierhaltung. Am Beispiel der Rinderzucht beschreibt sie die Optimierung von Tierkörpern. Anhand der Hühnerhaltung stellt sie den stetig steigenden Rentabilitätsdruck dar. Und am Beispiel der Schweinezucht beleuchtet sie den technischen Wandel in den Ställen. Die Domestizierungsgeschichte der Tiere, so die Schlussfolgerung der Autorin, hat durch die Massentierhaltung eine neue Stufe erreicht, die das Verhältnis zwischen Mensch und Tier – und zwischen "Stall" und Gesellschaft – fundamental verändert hat.
Aus der Begründung der Jury
Veronika Settele greift in "Revolution im Stall. Landwirtschaftliche Tierhaltung in Deutschland 1945-1990" ein hochaktuelles Thema auf und liefert darin eine historische Begründung für die Entwicklung der heutigen industrialisierten Massentierhaltung. In ihrem klugen und gut recherchierten Buch erzählt die Autorin zugleich eine weitere Geschichte der deutsch-deutschen Teilung. Methodisch überlegen reflektiert und ohne politische Voreingenommenheit gelingt ihr damit ein nachdenkenswertes und politisch relevantes Werk.
Preisverleihung und Hintergrundmaterial
Der Förderpreis Opus Primum der VolkswagenStiftung wird am Dienstag, dem 24. November 2020, verliehen, gemeinsam mit dem NDR Kultur Sachbuchpreis an Caroline Criado-Perez für "Unsichtbare Frauen" und Andreas Kossert für "Flucht". Aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie findet die Preisverleihung ohne Publikum statt, sie ist ab 19 Uhr bei NDR Kultur zu hören. Ein Interview mit Veronika Settele zu ihrem Buch steht Medienvertreterinnen und -vertretern zur freien Verwendung kostenlos zur Verfügung.