Prof. Dr. Nicole Krämer, hier auf dem Podium bei einem Herrenhäuser Gespräch am 14. Februar 2019 zum Thema "Künstliche Intelligenz - Herrschen die Maschinen oder beherrschen wir sie?" (Foto: Nico Herzog für VolkswagenStiftung)
Für die Sozialpsychologin Prof. Dr. Nicole Krämer von der Universität Duisburg-Essen stellt sich darüber hinaus eine viel grundsätzlichere Frage: Wie wird der tägliche Kontakt mit intelligenten Maschinen die Kommunikation in unserer Gesellschaft verändern? In einem interdisziplinären 'IMPACT Projekt' geht sie dieser Frage in den kommenden vier Jahren auf den Grund: zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Ethik, Informatik und Rechtswissenschaft. "Wenn wir uns mit Menschen unterhalten, dann haben wir eine Vorstellung davon, wie der andere denkt", sagt sie. "Wenn wir aber mit einem technischen Gerät kommunizieren, unterhalten wir uns mit einer Blackbox, von der wir kein solches mentales Modell haben. Von der wir nicht wissen, wie ihre Antworten oder Entscheidungen eigentlich zustande kommen."
Das Projekt soll auch Erkenntnisse für die Weiterentwicklung von Sprachassistenten liefern. Die Informatikerinnen und Informatiker im Team arbeiten an selbstlernenden Assistenten, die keine Standardantworten liefern, sondern den Nutzer nach und nach kennenlernen – und entsprechend seiner Vorlieben und Bedürfnisse antworten. Dazu sollen im Projekt maschinelle Lernverfahren zum Einsatz kommen, die in der Lage sind, Muster und Gesetzmäßigkeiten in gesprochener Sprache zu erkennen. Und die Juristen wollen dafür sorgen, dass die Technologien von vornherein alle Anforderungen zum Beispiel an den Datenschutz erfüllen.
Forschungsdesign und Testumgebung
Für die Informatikerin Prof. Dr. Barbara Hammer von der Universität Bielefeld und ihre Arbeitsgruppe Maschinelles Lernen ist dieses Projekt besonders, weil es so umfassend ist. Nicht nur wegen des interdisziplinären Ansatzes, sondern auch, weil gleich drei Nutzergruppen einbezogen sind: Kinder, Menschen mittleren Alters und im Rentenalter. "Das bietet uns eine einzigartige Testumgebung, um neue Technologien umfassend zu prüfen, ehe sie später in die breite Anwendung kommen", sagt Barbara Hammer.
Kinder, die es gewohnt sind, Sprachassistenten Befehle zu geben, verlernen 'bitte' und 'danke' zu sagen.
Den Projektbeteiligten geht es gemeinsam um drei Hauptaspekte: die Art der Kommunikation, die Beziehung des Menschen zur Maschine und die Frage, inwieweit transparent ist, wie oder warum eine Maschine eine bestimmte Antwort gibt. Je nach Altersgruppe und Nutzer wird ein anderer Schwerpunkt gesetzt.
"Kinder bauen schnell ein Verhältnis zu Dingen auf, wie etwa bei Kuscheltieren", erklärt Nicole Krämer. "Hier steht für uns die Frage der Beziehung im Vordergrund." Es wird untersucht, wie die Kommunikation zwischen Kind und Maschine abläuft, und zudem, ob sich das Verhalten auch im Umgang mit Menschen widerspiegelt. "In den USA hat man zum Beispiel festgestellt, dass Kinder, die es gewohnt sind, Sprachassistenten Befehle zu geben, verlernen 'bitte' und 'danke' zu sagen", sagt Krämer. Da viele Eltern ihren Kindern heute bereits einen smarten Lautsprecher ins Zimmer stellten, dränge sich die Frage auf, was das mit den Kindern mache.