Externe Inhalte anzeigen
Um Ihre personenbezogenen Daten zu schützen, haben wir das automatische Laden externer Inhalte blockiert (z. B. Videos von Youtube oder Vimeo). Um diese Inhalte anzuzeigen, benötigen wir Ihre Zustimmung:
Ihre Zustimmung können Sie unter Datenschutzhinweise widerrufen.
Facebook, Twitter und Co. stellen die Hochschulen und Forschungseinrichtungen vor gewaltige Herausforderungen. Früher konnten sie über Massenmedien ein Massenpublikum adressieren – heute sehen sich die Presse- und Kommunikationsabteilungen im Internet mit zahllosen Mikro-Öffentlichkeiten konfrontiert, die die Institutionen herausfordern, etwa wenn sie sie als Schwärme mit Anfragen fluten, vermeintliches Fehlverhalten kontrovers diskutieren und evidenzbasierte wissenschaftliche Erkenntnis offen infrage stellen.
Die Hochschulen reflektieren unzureichend über Kommunikation
Otfried Jarren, Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich, bezweifelt im Video-Interview, dass das Wissenschaftssystem auf diese kommunikative Herausforderung vorbereitet ist: "Ich glaube die Reflektion über das, was Kommunikation heute heißt, und dass sie riskante Elemente enthält, diese Reflektion sehe ich an den Hochschulen nicht so entwickelt, wie sie sein könnte."
Wie soll man als Institution auch schnell darauf reagieren, wenn Interessengruppen ein Recht auf Partizipation fordern? Oder Vorgänge öffentlich machen, die trotz Transparenz-Anspruch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind? Hier sieht Jarren das Wissenschaftssystem an seine kommunikativen Grenzen stoßen; mit der Dynamik von Meinungsbildung und Meinungsmache im sozialen Netz können die eher schwerfälligen Wissenschaftsapparate oftmals nicht mithalten. Da ihre Kommunikationsabteilungen überall im Netz präsent sind, laufen sie dort Gefahr, in nicht mehr kontrollierbare Kommunikationskonflikte verwickelt zu werden.
Dauernde Erfolgsmeldungen machen Institutionen erst recht verdächtig
Verschärft wird das Risiko durch die Haltung, mit der Presse- und Kommunikationsabteilungen die Öffentlichkeit jahrelang informierten. Im Vordergrund stand häufig nicht die Aufklärung über und die Vermittlung von Wissenschaft, sondern das institutionelle Selbstlob, das teils bis hin persuasiver Kommunikation (Jarren) gegangen ist. Ein Umdenken ist im Gange, der vielbeschworene "Dialog auf Augenhöhe" mit einem breiten Publikum wird als Ziel proklamiert. Aber noch immer umgeben sich die Institutionen mit dem Nimbus der Unfehlbarkeit und veröffentlichen kaum anderes als Erfolgsmeldungen – was sie in den Augen wachsender Interessengruppen nur umso "verdächtiger" macht.
Ein Patentrezept für die Entschärfung des "Risikos Social Media" hat auch Jarren nicht. Nur klar ist: Alle wissensvermittelnden Institutionen stehen unter wachsendem Druck. Das Misstrauen gegenüber den Eliten äußert sich gerade in den sozialen Medien immer lauter und immer aggressiver. Ein Wegducken gibt es nicht. Das Wissenschaftssystem braucht neue Konzepte und eine andere Haltung gegenüber der Öffentlichkeit, wenn sie nicht nur bedrohte Wertschätzung verteidigen, sondern auch verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen will. "Die Organisationen benötigen in ihrer Kommunikation ein völlig neues Beziehungsmanagement", sagt Jarren. Ob er ihnen zutraut, diese Herausforderung zu meistern, sagt er nicht.
Weitere Beiträge zu unserem Themenschwerpunkt finden Sie unter "Wissenschaft und Gesellschaft".