Dr. Georg Schütte ist seit 1. Januar 2020 Generalsekretär der VolkswagenStiftung. Davor war er zehn Jahr lang Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung. (Foto: Gordon Welters für VolkswagenStiftung)
Schütte: Als Ergänzung dazu: Risikobereitschaft und Experimentierfreudigkeit erwarten wir nicht nur von unseren Antragstellerinnen und Antragstellern. Beides erwarten wir auch von uns selbst als Institution. Wir wagen auch intern Neues. So haben wir als erste Wissenschaftsförderin in Deutschland das herkömmliche Gutachtervotum mit einer Zufallskomponente ergänzt. Dass im "teil-randomisierten Auswahlverfahren" nun auch das Losglück über Bewilligungen entscheidet, hat uns im In- und Ausland enorm viel Aufmerksamkeit beschert. Es gab Beifall und Kritik. Über beides haben wir uns gefreut. Gegenwärtig beschäftigen wir uns mit der Frage, wie wir die Erfahrungen mit digitalen Kommunikationsmöglichkeiten für uns nutzbar machen können. Soll man Präsentationen vor Gutachtergremien künftig als Video anfordern? Wollen wir Videochat-Sprechstunden für unsere Community anbieten? Wie werden wir im Social Web nahbarer und interaktiver? Da wollen wir weiter explorativ sein.
Wie war der Prozess der Strategieentwicklung gestaltet? Wer war involviert?
Hartmann: Es war ein im besten Sinne iterativer Prozess. Alle Leute im Haus, die etwas beitragen wollten, konnten das tun. Ich denke, das war ganz wichtig, dass wir alle gehört haben und Schritt für Schritt zusammengetragen haben, was unsere Vorstellungen und unsere Ideen sind. Es kam dem Prozess zugute, dass zur selben Zeit die Empfehlungen der Gesamtevaluation vorlagen. Und wir hatten – und das war eine ganz wichtige Inspirationsquelle und ein ganz wichtiger Resonanzboden - den Forschungsausschuss des Kuratoriums, der eng eingebunden war und uns mit kritisch-konstruktivem Feedback immer wieder herausgefordert hat. Fasst man all das zusammen, haben wir jetzt eine wirklich solide Basis für die nächsten Schritte.
Wie hat man sich jetzt den Übergang vorzustellen?
Hartmann: Der Transformationsprozess beinhaltet, dass einige Initiativen auslaufen. Das hat das Kuratorium im Dezember 2020 beschlossen. Es ist aber gute Tradition, die Dinge nicht abrupt zu beenden, sondern in eine gut kommunizierte, partnerschaftlich orientierte Auslaufphase zu überführen. Es gibt aber auch Initiativen, die sich den neuen Profilbereichen zuordnen lassen, sobald wir sie ein wenig nachgeschärft haben. Und schließlich werden wir Neues entwickeln, das hoffentlich schon 2021 in unserem Förderangebot sichtbar werden wird.
Stichwort Finanzierung. Wird sich das Fördervolumen wegen der Niedrigzinsphase perspektivisch verringern?
Schütte: Darauf ein klares Nein! Wir sind vorsichtig und vorausschauend in der Anlage unseres Stiftungskapitals. Und bei allen Unsicherheiten an den Kapital- und Finanzmärkten sind wir sehr zuversichtlich, unser jährliches Fördervolumen in der allgemeinen Förderung erhalten zu können. Mit der Neuausrichtung des Förderportfolios ist jedenfalls keine "Hidden Agenda" verbunden. Wir strukturieren nicht um, weil wir Geld sparen müssten.
Wofür wird die Stiftung in zehn Jahren stehen?
Schütte: Wie wir in der Geschäftsstelle arbeiten werden, das ist ein kontinuierlicher Lernprozess. Modewörter sind Agilität, Digitalität. Die Stiftung wird sich natürlich weiterentwickeln. Wer Impulse nach außen gibt, wird auch immer Impulse von außen erhalten, sich davon einen Moment lang kreativ irritieren lassen und dann eigene Schlüsse ziehen. Wenn wir uns als lernende Organisation die Freude am kontinuierlichen Wandel erhalten, dann werden nicht nur die nächsten zehn Jahre gut, sondern auch das wiederum daran anschließende Jahrzehnt.