Aimee van Wynsberghe, Mitbegründerin der "Responsible Robotics Foundation" (Foto: Aimee van Wynsberghe)
Wenn man zum Beispiel online einkauft, kommen die Waren aus einem Verteilzentrum, in dem höchstwahrscheinlich nur wenige Menschen arbeiten. In der Regel holen Roboter die Artikel, was menschliche Angestellte manchmal vor schwierige Situationen stellt. Sie müssen ihre Arbeitsweise so gestalten, dass sie der des Roboters angepasst ist. Geschichten über Amazon-Zentren berichten von Angestellten, die keine Zeit haben, eine Toilettenpause einzulegen, weil sie mit der Geschwindigkeit der Roboter mithalten müssen. Damit wir unsere Einkaufsgewohnheiten beibehalten können, passieren nachgelagert unethische Dinge, denen wir keine Beachtung schenken.
Gibt es ethische Aspekte, die jeden Bereich der Robotik betreffen?
Ja. Themen wie Nachhaltigkeit und Elektroschrott müssen zum Beispiel immer berücksichtigt werden: Was passiert mit Robotern, wenn wir sie nicht mehr verwenden? Werden sie recycelt und werden wieder Teil einer Kreislaufwirtschaft? Auch Energie für die Rechenleistung muss in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden. Allein das Training für einen Algorithmus einer künstlichen Intelligenz hinterlässt einen enorm großen CO2-Fußabdruck.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Roboter immer eine Hardware darstellen. Daher muss man gewährleisten, dass sie sicher sind, wenn Menschen sich in ihrer Nähe aufhalten. Und wenn Roboter vertrauliche Daten sammeln, wird die Privatsphäre zu einem wesentlichen Thema. Beispielsweise wenn Sie Ihrem Roboter ein Geheimnis anvertrauen oder wenn sich Ihr Roboter zu Hause befindet und Gespräche mithören kann.
Wie sind Sie zur Roboterethik gekommen?
Während meines Zellbiologie-Studiums arbeitete ich im Sommer als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei CSTAR, was für "Canadian Surgical Technology & Advanced Robotics" steht. Wir haben unter anderem Chirurginnen und Chirurgen darin geschult, wie sie das Da-Vinci-Operationssystem benutzen, ein roboter-assistiertes Chirurgiesystem. Dabei habe ich Krankenpflegekräfte und medizinisches Personal gefragt, wie sie die Nutzung des neuen Systems empfinden, da sie die Patientinnen und Patienten nun nicht mehr direkt berührten. Sie sahen nicht einmal mehr ihre Körper. Was bedeutete das für sie?
Ich beschloss, Ethik zu studieren und später wieder zur Zellbiologie zurückkehren. Aber sobald ich die Zellbiologie verlassen hatte, entdeckte ich meine Leidenschaft und mein Interesse daran, all die gesellschaftlichen und ethischen Fragen zu untersuchen, mit denen wir uns durch Roboter konfrontiert sehen. Nachdem ich mich mit Robotern im Gesundheitswesen beschäftigt hatte, insbesondere mit chirurgischen Robotern, untersuche ich jetzt auch den Einsatz von Drohnen im humanitären Kontext, Sexroboter, Roboter in der Landwirtschaft und solche in der Logistik.