Bei der Entscheidung über die Förderwürdigkeit von Projektanträgen spielen strenge formale und fachliche Vorgaben eine Rolle, zudem werden die Projekte von Gutachterinnen und Gutachtern geprüft. Dabei haben es besonders ungewöhnliche, kreative Forschungsprojekte manchmal schwer, diesen Auswahlprozess zu überstehen, da nicht ihr volles Potenzial erkannt wird. Um auch ihnen eine Chance zu geben, geht die VolkswagenStiftung einen neuen Weg: Das Losglück entscheidet über einen Teil der zu vergebenden Fördergelder. Wozu dient dieses Experiment und welche Erfahrungen hat die Stiftung damit bislang gemacht?
Anforderungen an Antragsteller sind divers
Förderorganisationen im Wissenschaftsbereich stellen ganz unterschiedliche Ansprüche an ihre Antragsteller(innen). Sie unterstützen beispielsweise Projekte mit interdisziplinärer Ausrichtung, internationale Kooperationen oder aber, wie im Fall der VolkswagenStiftung, Forscher(innen), die in Forschungsfeldern jenseits des Mainstreams arbeiten oder arbeiten wollen. In ihrer Initiative "Experiment!" fordert die Stiftung Wissenschaftler(innen) dazu auf, solche Anträge einzureichen, die gewagte Forschungsideen verfolgen, die etabliertes Wissen grundlegend herausfordern, die unkonventionelle Hypothesen, Methoden oder Technologien etablieren wollen, oder die ganz neue Forschungsrichtungen in den Blick nehmen.
Anonymisierte Anträge verschaffen jedem die gleichen Chancen.
Zwar zählen die Fördersumme von höchsten 120.000 Euro sowie der Förderzeitraum von bis zu 18 Monaten im Vergleich mit den anderen Initiativen der Stiftung zu den eher "kleinen" Bewilligungen, dafür sind aber auch die Antragsvoraussetzungen vergleichsweise niederschwellig. Zum einen ist ein skizzenhafter Kurzantrag mit maximal tausend Wörtern ausreichend. Zum anderen erfolgt die Auswahl anonymisiert und gibt damit unbekannten Nachwuchswissenschaftler(inne)n eine ebenso große Chance wie etablierten Wissenschaftler(innen) – mögliche persönliche Verbindungen der Begutachtenden oder Wissen über Vorarbeiten der Antragstellenden haben keinerlei Einfluss auf die Begutachtung selbst.
Diese Kriterien lassen den Antragsteller(inne)n viel Spielraum. Das besondere Angebot eröffnet den Forscher(inne)n den Freiraum, auch außergewöhnlichen oder auf den ersten Blick abwegigen Ideen eine Chance zu geben und sie einzureichen. Das Ergebnis ist, dass die Stiftung bei jedem der bislang fünf Stichtage mehrere hundert Einreichungen verzeichnete – in der Spitze waren es 704. Daraus die 15 bis 20 Anträge, also nur rund zwei bis drei Prozent, auszuwählen, die schließlich gefördert werden können, stellt Stiftung und Jury vor eine enorme Herausforderung – nicht nur zeitlich und personell, sondern auch inhaltlich.